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James Horner (1953–2015) – Ein Nachruf

James Horner, Foto: Matthias Keller

von Basil Böhni

Am 22. Juni 2015 verstarb Komponist James Horner im Alter von 61 Jahren. Um ca. 9:30 Uhr stürzte sein Sport-/Kunstflugzeug S312 Tucano in Ventura County, nördlich von Santa Barbara, ab, wie von offizieller Seite bestätigt wurde. Horner war der einzige Insasse. Er hinterlässt eine Frau und zwei Töchter – und für tausende Filmmusikbegeisterte ein grandioses Schaffen.

James Horner wurde am 14. August 1953 in Los Angeles, Kalifornien, geboren. Als Sohn des zweifachen Oscar-Gewinners und Szenenbildners Harry Horner wuchs Horner in London auf. Er studierte am Royal College of Music, London, und machte an der University of Southern California seinen Masterabschluss.
In den späten 1970er Jahren vertonte Horner einige Filme für das American Film Institute (AFI). Die Arbeiten fanden Anklang und er Gefallen am Schreiben von Filmmusik. In der Folge begann er für den Filmproduzenten Roger Corman zu arbeiten, für den er 1980 B-Movies wie Humanoids from the Deep und Battle Beyond the Stars vertonte. Seine großangelegte Orchestermusik für letzteren ließ Hollywood auf ihn aufmerksam werden. 1982 gelang Horner mit Star Trek II: The Wrath of Khan der Durchbruch. Es folgten herausragende Arbeiten für Krull (1983), Brainstorm (1983), Star Trek III: The Search for Spock (1984), The Journey of Natty Gann (1985) und Aliens (1986). Aliens markierte die erste Zusammenarbeit mit Regisseur James Cameron, für den er 1997 auch Titanic und 2009 Avatar vertonte. Titanic und Avatar avancierten zu den bis dato ökonomisch gesehen erfolgreichsten Filmen aller Zeiten; Titanic mit über 30 Millionen verkauften CDs weltweit gar zum erfolgreichsten orchestralen Filmmusik-Album.
Im Laufe seiner knapp 40-jährigen Karriere vertonte James Horner weit über 120 Filme – von Horror, Abenteuer und Thriller, über Komödien und Science-Fiction bis hin zu Animationsfilmen. Für viele seiner jüngeren Arbeiten war er nicht nur für Hollywood sondern auch zahlreiche europäische Filmproduktionen tätig. Jüngst schrieb er die Musik zu Wolf Totem (2014), Southpaw (2015), Living in the Age of Airplanes (2015), The 33 (2015) und die Dokumentation One Day in Auschwitz (2015).

Während seiner Studienzeit komponierte James Horner zudem zwei Konzertwerke – Conversations (1976) und Spectral Shimmers (1977). Jüngst wurde sein Double-Concerto für Violine und Cello, Pas de Deux (2014), uraufgeführt. Am 27. März 2015 feierte sein neues Konzertstück, Collage: New Work for Four Horns (2015), seine Weltpremiere in London, präsentiert vom London Philharmonic Orchestra.

Für sein Schaffen wurde er insgesamt mit weit über 40 Auszeichnungen bedacht – darunter zwei Oscars, zwei Golden Globes und fünf Grammys.

James Horner, Foto: Matthias Keller
Fotos: Matthias Keller

Eine persönliche Note

Die Meldungen von Horners Tod erreichten mich am Dienstag, 23. Juni 2015, frühmorgens, nachdem ich meinen Laptop hochgefahren hatte und ins Internet eingestiegen war. Ich konnte es nicht fassen. Ich war schockiert, ich stand neben mir. Unglaube und Traurigkeit begleiteten mich durch den Tag und hallen noch immer nach. Die Filmmusikwelt verlor einen Meister seines Fachs. Hiermit endete das Leben eines Musikers, dessen Schaffen ich seit Jahrzehnten bewundere und das ich mir bis dato während hunderten von Stunden angehört habe. Leidenschaftlich verfolgte ich Neuigkeiten um seine Person und Arbeit und sammelte seine Werke. Im Alter von zehn Jahren entdeckte ich seine Musik durch Legends of the Fall (1994) und Braveheart (1995). Sie begeisterte, faszinierte und berührte mich wie keine andere Musik zu jener Zeit. Seit jeher schenkte ich der Musik von James Horner mit viel Freude und Begeisterung einen großen Teil meiner Aufmerksamkeit, doch entfachten diese Entdeckungen auch meine große Leidenschaft für das Filmmusikschaffen generell.

Bis 2011 verknüpfte ich mit dem Namen James Horner wunderbare Filmmusik, dutzende liebgewonnene Melodien und Themen. Am 31. Oktober 2011 war jedoch der Moment gekommen, an dem ich Horner persönlich treffen konnte. Im Rahmen des eDIT Filmmaker’s Festival in Frankfurt am Main wurde er mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet. Dies wollte ich mir nicht entgehen lassen und so reiste ich nach Frankfurt a. M. Meine Interviewanfrage wurde gutgeheißen und so durfte ich während einer knappen Stunde mit James Horner auf der Terrasse des Festivalzentrums über seine Musik sprechen (das Ergebnis wurde in der Cinema Musica 1/2012 abgedruckt). Das war für mich ein denkwürdiges Ereignis. Ich traf Horner ein zweites Mal in Wien, im Rahmen der Hollywood in Vienna-Gala zu seinen Ehren im September 2013. Es war kein langes Interview, eher ein kurzes Gespräch, in dem er mir unter anderem erzählte, dass er sehr stolz sei, die Musik für In Country (1989) geschrieben zu haben. Filme wie diese würden heute nicht mehr gedreht. Zu zwei weiteren Treffen kam es im März und Mai 2015 in Luzern, als Horner den Konzertaufführungen von TitanicLIVE mit dem 21st Century Symphony Orchestra, dem Boys Choir Lucerne, dem Luzerner Mädchenchor und den Solisten Sissel (März-Konzerte) und Clara Sanabras (Mai-Konzerte) beiwohnte. Es waren kurze Gespräche, flüchtige Momente, doch werde ich sie gerne in Erinnerung behalten. Seit diesen Treffen kann ich mit James Horner nicht nur Filmmusik verbinden, sondern auch eine zartbesaitete, humorvolle, scheue und wertschätzende Persönlichkeit.

Nachdem es in den Jahren 2013 und 2014 eher ruhig um James Horner geworden war, schien er für 2015 nun wieder große Pläne gehabt zu haben. Er vertonte fünf neue Filme und führte zwei neue Konzertwerke auf. Neue CDs wurden veröffentlicht bzw. werden noch veröffentlicht. Er sprach von neuen Projekten, darunter eine Avatar -Themenparkattraktion und seine Arbeit an Avatar 2, die er Ende des Jahres in Angriff nehmen wollte. Es waren spannende Zeiten für mich als Horner-Enthusiast. Nun ist er verstorben. Abrupt und überraschend. Nicht auszumalen, was noch hätte folgen können… Unfassbar und wunderbar, was für ein filmmusikalisches Werk er hinterlassen hat! Dieses soll uns alle auch weiterhin begleiten!

Mein tiefes Beileid gilt seiner Familie, seinen Freunde und den Fans seiner Musik. Es ist wahrlich ein „profound loss“, wie ein Stück aus seiner Musik zu The Missing heißt.