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André Feldhaus über seine Musik zu "Schnappschuss mit Ché"

Wie ist das Projekt mit Wilfried Huismann zustande gekommen?

Willi war bei einer Filmveranstaltung zu Gast, bei der auch ein Film mit Musik von mir zu sehen war. Willi war an dem Abend sorgenvoll, denn er hatte ursprünglich vorgehabt, Schnappschuss mit Che ganz ohne Musik und nur mit einem Geflecht von Geräuschen zu gestalten, dann aber das Gefühl bekommen, dass das so nicht funktionieren würde. Er fragte mich, ob ich vorbeikommen und einen Blick auf den Rohschnitt werfen könnte, und das habe ich dann am nächsten Abend getan. Ich hatte auch das Gefühl, dass der Film von der Bauweise her mit weniger Musik auskommt als z.B. Rendezvous mit dem Tod, der ja ziemlich großartig und dicht musikalisch vertont ist, aber dass Schnappschuss eben durchaus auch ein paar musikalische Akzente verträgt. Ich habe Willi bei dieser ersten Sichtung direkt ein paar Vorschläge gemacht, die letztendlich dann auch so oder ähnlich in den Film gekommen sind.

Was waren deine Inspirationen? Inwieweit musstest du dich vorher mit kubanischer Musik auseinander setzen?

Kubanische Musik war mir insofern schon etwas vertraut, als ich in meiner musikalischen Freizeit in einer Salsa-Band spiele. Dort bin ich Pianist und von daher mit Montunos und Claven beschäftigt, die auch im Film z.B. im Freundschaftsmotiv der beiden Männer eine Rolle spielen. Für die Gitarrenkompositionen habe ich mich mit lateinamerikanischen Folklorespielern und mit Songwritern jener Zeit wie Atahualpa Yupanqui beschäftigt, dessen Song Nada Mas wir fast als Schlussmusik genommen hätten. Aber Gesang und Text hätten noch eine Ebene hinzugefügt, die an dieser Stelle zu viel gewesen wäre.

Wie verlief die Arbeit mit dem Regisseur? Hat er dir alle Freiheiten gelassen oder hatte er stets konkrete Vorstellungen?

Durch die Ausgangslage, dass Willi Huismann anfangs die große Frage “Musik oder nicht” mit sich herumtrug, war ich anfangs in der Rolle, Vorschläge zu machen. Die waren völlig frei und ich hatte das Gefühl, dass sich Willis und meine Vorstellungen überkreuzten und deckten. Bei der daraus entwickelten Layout-Musik haben wir gemeinsam kritische Stellen diskutiert und sind dann relativ schnell zu einer tragfähigen musikalischen Struktur gekommen. Bei der Arbeit habe ich Willi, den ich schon vorher als großen Filmemacher kannte, auch als sehr umgänglichen, präzisen und ehrlichen Regisseur kennengelernt, der immer eine gewisse sachliche Hochachtung vor der Tätigkeit des Komponierens an den Tag legt.


Das Foto des Anstoßes: Ché Guevara und Félix Rodríguez (links), einer der Hauptfiguren des Films und selbsternannter (?) Fänger Guevaras

Die Musik konzentriert sich im Film auf den Bereich Freundschaft. Gab es Pläne, auch Musik für den Bereich Konfrontation zu haben? Wenn ja, hast du schon etwas vorproduziert? Was wären deine Ideen für diesen Themenkomplex gewesen?

Ja, es gab zum einen ein paar Ideen, die Fotostrecken musikalisch zu begleiten, die dann aber wieder verworfen wurden. Eine Stelle ist sogar erst in Köln während der Mischung rausgeflogen (es waren mit gefilterten Flächen gespielte minimale Melodien, die mit Percussionschlägen durchsetzt waren, ähnlich wie bei den Dschungelsequenzen) und hat Platz gemacht für die Stille, die jetzt unter den Fotopassagen liegt. Wir waren uns alle im Studio einig, dass die Stille unter den meisten Fotos einen tollen Effekt hat.

Wie unterscheidet sich die Musik für einen Dokumentarfilm von der Musik für einen fiktionalen Stoff?

In beiden Fällen unterstützt oder konterkariert die Musik ja die von Bildern ausgehende Stimmung. Während beim Spielfilm oft Handlungen auf diese Art vertont werden, sind es beim Dokumentarfilm tendenziell eher Charaktere oder „Gefühle“, die durch gesagte Worte ausgelöst werden. Oft liegt die Musik im Dokumentarfilm dort, wo nach herkömmlichem Empfinden nicht so viel „passiert“, unter Landschaftsaufnahmen zum Beispiel oder bei verbindenden Fahrten. Aber das ist natürlich keine unumstößliche Regel, in diesem Fall hatte ich sogar das Gefühl, mich ziemlich weit in die Handlungen der Beteiligten hinein zu begeben und ihnen dadurch einen musikalischen Charakter zuschreiben zu können. Daher liegt die Musik in Schnappschuss mit Che oft an Stellen, an denen sich die Hauptpersonen begegnen oder aktiv sind.

Was sind deine nächsten Projekte?

Ich arbeite zurzeit an der Musik für zwei Dokumentarfilme, von denen eine in den nächsten Tagen fertig sein wird. Und dann setze ich mich an die Musik für ein abendfüllendes Dokudrama, es ist ein größerer Fernsehfilm über den Schriftsteller Erich Maria Remarque. Hanno Brühl führt die Regie, der Film ist gerade im Schnitt und wird Archivbilder, Interviewpassagen und Spielfilmsequenzen haben. Also ein, wie man sagt, herausforderndes Gemisch von Formen, mit denen ich umgehen muss. Aber darauf freue ich mich.

Vielen Dank für das Interview.