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Interview mit Rainer Oleak über seine Musik zu "Suchkind 312"

Suchkind 312 läuft am 19. Oktober in der ARD? Was für Musik können wir erwarten?

Die Geschichte spielt in der Zeit Kriegsende 1945 bis Mitte der fünfziger Jahre. Es ist ein Drama um verschiedene Nachkriegs- Schicksale. Es wird eine emotionale Musik geben, die sich traditionell an klassischen Strukturen orientiert. Es gibt Leit – Motive und einen orchestralen Score.

Wie sind Sie zu dieser Produktion gekommen? Und was hat Sie an der Arbeit besonders gereizt?

Ich arbeite mit der Regisseurin Gabi Kubach mit diesem Film nun schon am dritten Projekt, dessen Geschichten in der Nachkriegszeit spielen. Das Bernsteinamulett, Die Frau des Heimkehrers und nun Suchkind 312. Alle Filme sind Dramen, die sich mit den persönlichen Schicksalsschlägen und Familiengeschichte der Protagonisten auseinander setzen. Für mich ist die stilistische Möglichkeit der orchestralen Bearbeitung immer wieder eine Herausforderung.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der Regisseurin, der Produktionsfirma und dem Sender?

Nach der Abstimmung der ersten Entwürfe geht es eigentlich recht schnell. Ich hatte große Freiheit in der Gestaltung meiner Ideen und wenn ich den Film durchkomponiert habe wird er an die künstlerisch Beteiligten verschickt. Danach finden kleine Änderungen statt und in der Mischung sitzen wir dann gemeinsam, um noch etwaige Entscheidungen zu treffen. Diese beziehen sich nach der Zusammenstellung mit den Geräuschen auf eventuelle Verschiebungen der Musik Einsätze oder Kürzungen. Manchmal hab ich auch während der Mischung noch neue Musiken angelegt, oder wir wählen zwischen Alternativen.


Ursula Grothe (Christine Neubauer) ist auf der Suche nach ihrem totgeglaubten Kind…

Inwieweit stehen Sie als Komponist unter dem Einfluss der momentan doch zahlreichen Filme mit einem Nachkriegsthema? Oder haben Sie Sich gleich beim Film der Nachkriegszeit inspirieren lassen?

Wie bereits erwähnt, habe ich schon für ein paar Filme mit dem Nachkriegs Thema Musik komponiert und eigentlich liegt für mich die musikalische Herangehensweise auf der Hand. Es verbieten sich elektronische Strukturen und das melodische Motiv steht im Vordergrund. Manchmal muss Musik aus der Zeit szenisch komponiert werden. Für den Score selbst setze ich mich mit einem Blatt Noten Papier ans Klavier und erfinde Themen. Diese werden dann ganz traditionell ins Orchester umgesetzt. Natürlich ist die dramaturgische Struktur und die Unterstreichung der emotionalen Befindlichkeit der Akteure im Vordergrund. So unterscheidet sich diese Arbeit nicht wesentlich von Filmmusik zu Gegenwarts Filmen.

Wie sind Sie Filmkomponist geworden?

Ich hatte schon als Student eine Affinität zu dramaturgischer Musik. Ich finde es interessant mit Musik Kontrapunkte zu setzen. Diese können maßgeblichen Einfluss auf die Haltung der Figur haben. Dadurch erscheint sie dem Zuschauer in einer von mir beeinflussbaren Weise. Man kann die Hintergründe herausschälen und das Nichtsichtbare heraus arbeiten. Was dabei passiert, fand ich schon immer sehr spannend. So habe ich Anfang der Achtziger schon meine ersten Filme vertonen dürfen und mich dann kontinuierlich weiter damit beschäftigt. Es wurden dann von Jahr zu Jahr mehr Filme. Weitere Erfahrungen in den Jahren haben mir geholfen, das entsprechend stilistische Handwerk zu erweitern. So ist das komponieren von Filmmusik zu meiner zentralen Arbeit geworden. Grossen Spaß hat mir dabei immer die stilistische Freiheit gemacht, die es mir ermöglicht ein Streichquartett oder auch einen voll elektronische seriellen Score zu verwenden.


…hat sie es gefunden?

Können Sie uns Ihre Arbeitsweise und Herangehensweise an einen Film beschreiben?

Ich versuche mir den Film erst mal so unbedarft und ohne Insider Wissen anzuschauen. Musik bildet eine emotionale und nicht rationale Ebene. Daher versuche ich die Figuren zu erfühlen. Da erkenne ich dann zuerst Brüche und Dinge die ich mit Musik stützen muss. Einiges ist für den Schauspieler unspielbar und bekommt über die Musik eine Erlebnis Ebene. Dazu brauche ich auch den ersten Eindruck beim Anschauen. Je weiter ich in der Arbeit vorankomme, umso mehr verliere ich das erste Gefühl und werde fast Betriebs blind. Dann kann und muss ich mich an meine ersten Eindrücke erinnern. Das hilft ungemein beim Erhalt einer naiven Ebene, die ich sehr wesentlich für die Musik finde. Viel passiert ja beim Zuschauer im Unterbewussten und ich muss mir selbst einen Abstand zu allen handwerklichen Dingen, die im Kompositions- Prozess nötig sind, halten. Beim Zuschauer zählt auch der erste unmittelbare Eindruck. Und genau da muss man es schaffen, den gewünschten Effekt zu erzielen. Die Musik entsteht für mich im Zuschauer und ist im besten Fall so mehrschichtig, dass die momentane Gefühlswelt des Betrachters angesprochen wird. So kann er seine Symphatie oder Antiphatie für die Figuren emotional bestätigt finden. Diese Vielschichtigkeit führt aber auch dazu, das man einen Film in einer anderen Gefühlslage angeschaut ganz anders empfindet. Jeder kennt das. Daher kommen auch meine Vorbilder, da in der realen Welt die Gefühle auch niemals ein dimensional sind. Und wenn ich eine Figur nicht mag und die Musik erzählt mir reine Sympatie ohne Brüche, dann bin ich verstimmt und ziehe mich zurück. Und genau das soll mit dem Zuschauer, der mitgenommen werden soll, ja nicht passieren. Die Musik soll ihn emotional binden ohne zu gängeln. Selbstverständlich ist das ein komplizierter Prozess im Unterbewussten, aber eben genau der Bereich der Filmmusik, eine Musik die im Film oft unbemerkt bleibt, wenn sie obiges gut tut.
Nach den ersten Entwürfen arbeite ich mit dem Regisseur und wir stimmen das weitere Vorgehen ab. Manchmal ist die Musik auch fertig, wenn der Regisseur zu mir kommt. So hat er wiederum einen Gesamt Eindruck und kann dann die Strukturen auch im Ganzen besser erfassen. Durch die enorme Hilfe der Computer hat man heute fast bis zum Schluss noch Eingriffs Möglichkeiten.
Ein wesentlicher Punkt der kompositorischen Überlegung ist auch das Timing des Films. Oft stelle ich fest, dass die Musik starken Einfluss auf die Geschwindigkeit des Filmes hat. Man kann Szenen virtuell strecken oder stauchen mit der Form der Komposition. Das ist völlig unabhängig von dem Musik Stil des einzelnen Musik Stückes. Für mich ist dies ein extrem wichtiger Gestaltungs- Punkt bei der Arbeit.

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Zurzeit arbeite ich an 2 Kinofilmen. Der Lotze ist eine fiktive Geschichte mit realem Hintergrund unter der Regie von Nicolai Rhode. Das Flugzeug Unglück, bei dem 2 Flugzeuge über der Schweiz kollidierten und dem Fluglotsen eine Teilschuld gegeben wurde, ist das Thema. Ein anderer Kino Film „ Shortcut to Hollywood“ Regie Jan Hendrik Stahlberg/ Marcus Mittermeier setzt sich auf satirische Weise mit dem Wunsch nach Weltruhm auseinander. Dann arbeite ich z.Z. an einem Tatort“ Die Spezial Einheit“ Regie Bodo Fürneisen. Zugleich arbeite ich mit meinem Kollegen G. Fischer an die ARD Serien „ Familie Dr. Kleist“ und“ Die Stein.
Zum Jahres Ende wird die 6. Staffel von „ Hallo Robbie „ vertont und auch die „ Tierärztin Dr. Mertens“ ist mit meiner Musik vertont.
Abgeschlossen habe ich gerade die Musik zu „12 heißt ich liebe dich“ Regie Connie Walther. Eine wahre Geschichte um ein Liebe zwischen einer Stasi Verfolgten und ihrem Stasi Vernehmer.

Vielen Dank für das Interview